Helmut Korte

Mecklenburgisch und Emsländisch

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1942 bin ich mitten im Krieg in Lingen geboren. Mein Vater war Soldat. Um den stärker werdenden Luftan­griffen beziehungsweise der Gefahr der Luftangriffe auf Lingen zu entgehen, ging meine Mutter mit meinem äl­teren Bruder und mir im Januar 1943 in ihre mecklen­burgische Heimat zurück, in der zu dieser Zeit noch tief­ster Friede war. Hier habe ich meine Kontakte mit der plattdeutschen Sprache bekommen, bin praktisch platt­deutsch aufgewachsen bis zum Jahr 1947. Mein Großvater b,. eine Landwirtschaft in Mecklenburg in der Nähe von Woldegk. Es wurde ausschließlich Mecklenburger Platt gesprochen. Hochdeutsch war dort keine Verständigungsform.

Im Jahr 1947 kamen wir nach Lingen zurück. Meine Eltern betrieben eine kleine Gastwirtschaft und einen Lebensmittelladen in der Kivelingsstraße. Später wurde eine Kegelbahn dazugebaut. Unsere Kunden und Gäste sprachen zu einem großen Teil plattdeutsch, dennoch mußte ich mich umgewöhnen, weil es eine völlig ande­re Mundart war, als ich von Mecklenburg her gewöhnt war. Mit der Einschulung 1949 wurde die plattdeutsche Sprache schlagartig aus meinem Leben gebannt. Auch meine Mutter sprach mit mir jetzt nur noch hochdeutsch. In den 50er Jah­ren galt es nach meiner Erinnerung als nicht mehr sehr fein, plattdeutsch zu spre­chen. Auch in unserer Gaststätte wurde die plattdeutsche Sprache zunehmend vom Hochdeutschen verdrängt.

Heute kann ich Platt zwar sehr gut verstehen, aber beim Sprechen habe ich doch so meine Schwierigkeiten. Nach meiner Meinung ist Plattdeutsch eine andere Sprache insofern, als ich Liebenswürdigkeiten und Grobheiten beispielsweise viel nuancierter ausdrücken kann als im Hochdeutschen. Beruflich komme ich mit dem Plattdeutschen heute nur sehr marginal in Berührung.

Die soziale und kulturelle Bedeutung dieser Sprache liegt für mich im Gefühl der Zusammengehörigkeit eines Volksstammes, der sich in den einzelnen Idiomen des Plattdeutschen ausdrückt. Die echten Kenner wissen zum Beispiel, ob jemand Loh-ner Platt oder Elberger Platt spricht, abgesehen vom Hümmlinger Platt, das sich wiederum ganz anders anhört als das Platt im Emsland.

Für mich hat die Sprache nach wie vor einen etwas heimeligen Charakter. Insofern höre ich gerne Plattdeutsch sprechen. Die Gemütlichkeit einer plattdeutschen Ge­sprächsrunde ist sofort greifbar.