Dialektschwund im Landkreis Borken
Dieser Landkreis, der sich südlich der Grafschaft Bentheim entlang der niederländischen
Grenze in Richtung Ruhrgebiet erstreckt, ist im gesamten niederdeutschen
Grenzbereich sprachwissenschaftlich auf die Entwicklung des
Plattdeutschen wohl am besten untersucht. Bereits 1981 lag die schon erwähnte
umfangreiche Bestandsaufnahme von Ludger Kremer vor, die 2001 in etwas
kleinerem Rahmen wiederholt wurde und damit die weitere Sprachentwicklung
dieses Zeitraumes von 20 Jahren nachzeichnet10. Waren damals schon ähnliche
Ergebnisse wie zehn Jahre später im Landkreis Emsland festgestellt worden,
heißt es 2001: Ist es trotz der inzwischen überwiegend positiven Einstellung
der Bevölkerung zum Plattdeutschen gegenüber dem Westmünsterland – wie
auch anderswo – nicht gelungen, die tatsächliche Zahl der Plattsprecher zu
erhöhen, im Gegenteil: Der Dialektschwund setzt sich mit erhöhtem Tempo
fort. An anderer Stelle wird diese Feststellung so untermauert: Die Zahlen für
2001 zeigen uns also im Vergleich zu 1981 sehr deutlich, in welcher Weise die
sozial höheren Schichten als Leitbild fungiert haben: Die Arbeiter haben sich
ihnen angepasst und inzwischen bei Dialektkompetenz und -gebrauch die niedrigen
Werte der (Leitenden) Angestellten von 1981 fast erreicht, selbst die relativ
sprachkonservative Gruppe der Landwirte tendiert in die gleiche Richtung
und kann kaum noch als nennenswerte Bastion des Plattdeutschen verstanden
werden (1).
Wo liegt die Hauptursache für diese Sprachentwicklung?
In hohem Maße verantwortlich … ist die Schule … Die Schule war im 19. und im frühen 20. Jahrhundert eine der frühesten und erfolgreichsten Vorkämpfer für das Hochdeutsche, sie war der Grund für die Entscheidung der letzten drei Elterngenerationen in Niederdeutschland, mit ihren Kindern (zunächst einmal) Hochdeutsch zu sprechen, um ihnen – so hoffte man wenigstens –
Schulschwierigkeiten zu ersparen (2).
Wenn das so ist – und alle Erfahrungen sprechen dafür –, liegt es nahe die Situation rund um den Stellenwert des Plattdeutschen von heute in den hiesigen Grundschulen näher zu untersuchen.
1 Ludger Kremer/Veerle Van Caeneghem, Dialektschwund im Westmünsterland. Zum Verlauf des niederdeutsch-hochdeutschen Sprachwechsels im 20. Jahrhundert (Westmünsterland. Quellen und Studien, Bd. 17), Vreden 2007 S. 129-130. 2 Ebd. S. 130
Fotos: https://de.wikipedia.org/wiki/Kreis_Bken#/media/File:Locator_map_BOR_in_Germany.svg