Karl-Heinz Vehring Oberbürgermeister von Lingen a. D.

Kurzvita:

Karl-Heinz Vehring ist als zweitjüngstes von neun Kindern geboren. Er legte die Reifeprüfung 1956 am Gymnasium Meppen ab und nahm im Sommersemester 1956 das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Münster und Freiburg auf. Seine erste juristische Staatsprüfung erfolgte im Januar 1960, die zweite im Januar 1964 nach 3,5 Jahren Referendarausbildung. Anschließend war er bis zum 31. Juli 1964 als Gerichts-Assessor bei der Staatsanwaltschaft Bückeburg und anschließend vom 1. August 1964 bis 28. Februar 1965 als Regierungs-Assessor bei der Landeskulturverwaltung in Meppen tätig. Zum 1. März 1965 erfolgte seine Einstellung bei der Stadt Lingen (Ems) als Stadtoberrechtsrat bei gleichzeitiger Übertragung der Funktion des allgemeinen Vertreters des Stadtdirektors. Am 1. Dezember 1966 wurde er für die Zeit vom 1. Juni 1967 bis 31. Mai 1979 einstimmig zum Stadtdirektor der Stadt Lingen (Ems) gewählt. Durch den Statuswechsel der Stadt Lingen ab 1. August 1977 (Lingen wurde große selbstständige Stadt) erhielt er die Dienstbezeichnung Oberstadtdirektor und wurde am 6. Juli 1978 ohne Gegenstimmen für die Zeit vom 1. Juni 1979 bis 31. Mai 1991 und erneut am 7. Juni 1990 für die Zeit vom 1. Juni 1991 bis 31. Mai 2003 wiedergewählt. Seine Dienstzeit bei der Stadt Lingen beendete er im 65. Lebensjahr am 30. April 2000. Karl-Heinz Vehring wurde zum Ehrenbürger der Stadt Lingen (seit 1. Mai 2000) ernannt. Im Jahr 2008 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.

aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Heinz_Vehring am 21. 11. 2017

Die Stadt Lingen fördert das Plattdeutsche

Zunächst möchte ich es sehr begrüßen, daß Sie eine Ini­tiative ergreifen, um die plattdeutsche Sprache im Ems-land zu erhalten und zu fördern. Ich bin in einer Fami­lie aufgewachsen, in der noch plattdeutsch gesprochen wurde. Die plattdeutsche Sprache vermittelt ein Stück emsländischer Heimat. Mit ihr lassen sich oft auch kurz und mit großer Treffsicherheit bestimmte Lebenssitua­tionen beschreiben, seien sie positiver oder negativer Art. Im Umgang miteinander kann mit der plattdeutschen Sprache vieles erzählt werden, was im Hochdeutschen nicht annähernd eine vergleichbare Ausdrucksstärke erreicht.

Doch die hochdeutsche Sprache verdrängt das Plattdeutsch zunehmend. In der Stadt Lingen wird sicherlich zum allergrößten Teil nur noch hochdeutsch gespro­chen.

In verschiedenen Ortschaften wird allerdings durchaus noch die plattdeutsche Sprache sowohl gesprochen als auch gefördert und gepflegt, dies gilt auch für man­che Ortsratssitzung. Diese Sprache vermittelt dabei in stärkerem Maße eine nach­barschaftliche, freundschaftliche und in vielen Fällen auch vermittelnde Atmo­sphäre. Wenn die „Gangart” in einer solchen Sitzung etwas härter wird, kann ein mit Humor gewürztes plattdeutsches Wort die Wogen wieder leichter glätten.

Die plattdeutsche Sprache hat für zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch für mich durchaus praktische Vorteile. Zum Beispiel ist bei Grund­stücksverhandlungen die „Amts- und Verwaltungsschwelle” sicher viel niedriger, wenn sich der Verhandlungspartner in der täglichen Umgangssprache unterhalten kann. Es entsteht von vornherein eine vertraulichere Verhandlungsatmosphäre. Dies bedeutet nicht, daß der andere damit übervorteilt werden soll, sondern im Ge­genteil: Er kann sich in der plattdeutschen Sprache in vielen Fällen leichter und schneller ausdrücken und damit seine Interessen besser wahrnehmen.

Für viele Bürgerinnen und Bürger des Emslandes in den Grenzgebieten zu den Niederlanden dürfte die plattdeutsche Sprache auch deswegen von Vorteil sein, weil die niederländische Sprache in starkem Umfang dem Plattdeutschen ähnlich ist. Vielen fällt es zwar schwer, sich auf Niederländisch zu unterhalten; man ver­steht aber sehr wohl die Niederländer in ihrer Sprache und umgekehrt. Dabei muß ich allerdings zugeben, daß im Verhältnis zu den Niederlanden im großen und ganzen Hochdeutsch die Amtssprache ist. Es wird jedoch immer angestrebt, dass bei Veranstaltungen, zum Beispiel innerhalb der Ems-Dollart-Region, in den Niederlanden niederländisch und in Deutschland deutsch gesprochen wird. Natür­lich ist es leichter, das Niederländische zu erlernen und zu sprechen, wenn man auf der plattdeutschen Sprache aufbauen kann.

Die Stadt Lingen bemüht sich, auch plattdeutsche Bezeichnungen und Begriffe zu erhalten. So ist der Kulturausschuß unserer Stadt bestrebt, daß zahlreiche Straßen nach Flurnamen benannt werden, die aus dem Plattdeutschen kommen. In vielen Heimatvereinen wird mit Unterstützung der Stadt die plattdeutsche Sprache geför­dert. Theaterstücke werden in Plattdeutsch aufgeführt. In der Grundschule in Dar-me gibt es eine besondere Förderung der plattdeutschen Sprache für die dortigen Schülerinnen und Schüler. Die plattdeutsche Sprache gehört eigentlich zum Typ des Emsländers dazu, wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, daß manche Ge­schichten, Dönkes und Witze nur wirken, wenn Sie auf Plattdeutsch erzählt wer­den. Damit wird die Bedeutung der plattdeutschen Sprache auch für den Inhalt der Erzählung deutlich.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß auch in der Stadt Lingen ein Stück Kul­tur verloren gehen würde, wenn die plattdeutsche Sprache, die sicherlich in frühe­ren Zeiten in allen Ortschaften der Stadt gesprochen wurde, untergehen würde.