Die Intentionen zum Versuch einer Dokumentation des Schwundes der Niederdeutschen Sprache
führten zu der
Untersuchung zur aktiven und passiven Sprachkompetenz der Viertklässler im Landkreis Emsland 1989 (Robben/Robben)
Der eigentliche damalige Anlass für diese doch sehr aufwändige Enquete waren mehrere Besuche im Niederdeutschen Institut im Schnoorviertel in Bremen u. a. in den Sommerferien 1986 und 1987 mit dem Ziel der Sichtung neuen Unterrichtsmaterials für die Plattdeutsch AG in der Schule.
In Gesprächen mit den damaligen Geschäftsführern Dr. Claus Schuppenhauer und Dr. Wolfgang Lindow wurde jeweils auch die derzeitige Plattdeutschsituation an den Schulen im niederdeutschen Sprachbereich behandelt. Dabei lernte ich zwei noch jüngere Untersuchungen kennen.
Das waren zum einen
- die Untersuchungen von Prof. Dr. Dieter Stellmacher (damaliger Lehrinstuhlinhaber Niederdeutsch an der Universität Göttingen) mit dem Titel Wer spricht Platt? Zur Lage des Niederdeutschen heute (2) aus dem Jahre 1987 und zum anderen
- eine Enquete aus dem Jahre 1982 von Professor Dr. Ludger Kremer von der Universität Antwerpen im Landkreis Westmünsterland.
Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ASchnoor-01.jpg
Die Bestandsaufnahme von Stellmacher war im Auftrage des Niederdeutschen Institutes im gesamten niederdeutschen Sprachbereich (Kosten: über 300.000 DM) durchgeführt worden.
Allerdings mussten dem kundigen Leser in der kurz gefassten Bestandsaufnahme von 1987 deutliche Widersprüche auffallen. Diese wurden indirekt bestätigt durch die Lektüre der Umfrageauswertung von Professor Dr. Kremer (3) im Landkreis Borken.
So reifte die Idee, durch eine umfassende Befragung aller Schüler und Schülerinnen der 4. Schuljahre im Landkreis Emsland einen aktuellen Forschungsbefund in Nordwestdeutschland vorstellen zu können, der um eine wichtige Untersuchungskomponente ergänzt werden sollte: die aktive Sprachkompetenz.
Auf alle Fälle waren die – nicht nur von mir konstatierten – Unzulänglichkeiten der GETAS – Befragung eine wichtige Triebfeder für die umfangreiche Befragung im Emsland.
Dieser Plan gefiel dem damaligen Leiter des Schulaufsichtsamtes Emsland Alfons Lögering und er richtete unter seiner Leitung eine Arbeitsgruppe zu diesem Vorhaben ein. Nahezu zeitgleich begann ein anderer Lehrerarbeitskreis mit der Planung eines plattdeutschen Lesebuches auf Landkreisebene. In den benachbarten Regionen Oldenburg und Osnabrück gab es solche Unterrichtswerke schon und sie erfreuten sich ständig größerer Beliebtheit in den Schulen. Hierbei stellte sich heraus, dass in der Lehrerschaft der Primar- und Sekundarstufe I dieses Raumes eine hohe Plattdeutschkompetenz vorhanden war: Nahezu 40 Prozent der Lehrpersonen konnten platt sprechen.
Und hier noch eine persönliche Anmerkung:
Mit zwei elementaren Themen haben mich in den letzten 30 Jahren sehr intensiv beschäftigt, zu denen ich auch mehrere Bücher mit Coautoren veröffentlicht habe.
- „Das Heuerlingswesen in Nordwestdeutschland“ und
- „Der Schwund der niederdeutschen Sprache”
Während ich beim Heuerlingswesen – in dieser Sozialisationsform lebte in den letzten 400 Jahren ein Großteil der ländlichen Bevölkerung im nordwestdeutschen Raum noch bis etwa 1955 in sehr bescheidenen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen – kaum Unterstützung bei den Fachwissenschaftlern (Geschichte, Volkskunde) fand, war die Zusammenarbeit mit Sprachwissenschaftlern rund um die Planung, Durchführung und Auswertung der umfangreichen Untersuchungen zum Stand der Plattdeutschkompetenz bei über 3000 Schülerinnen und Schülern im Emsland sehr konstruktiv. Diese günstigen Umstände für meine Recherchen seinerzeit möchte ich nachfolgend möglichst genau belegen, um auch anderen interessierten Laien Mut zu machen, sich ebenfalls bei ähnlichen Anliegen an Wissenschaftler zu wenden. Nur so kann ein Brückenschlag gelingen.
Foto: Plattdeutsches Lesebuch im Emsland
[1] Bernd und Eva Robben, Mundartgebrauch im Kreis Emsland. Eine regionale Schüler- und Elternbefragung, in: Diglossiestudien. Dialekt und Standardsprache im niederländisch-deutschen Grenzland. Hrsg. von Ludger Kremer/Landeskundliches Institut Westmünsterland (Westmünsterland. Quellen und Studien, Bd. 1), Vreden 1993, S. 89-122 (das letztere weiterhin, Kremer, Diglossiestudien). Für die Grafschaft Bentheim gibt es eine neuere Studie über die Sprachverhältnisse unter den Altreformierten hauptsächlich der Niedergrafschaft, die lange Zeit dreisprachig (Niederländisch, Hochdeutsch und Plattdeutsch) waren, wobei sowohl das Niederländische wie das Plattdeutsche an Boden verlieren (Melanie Bolks, Zur Triglossie in der Evangelisch-altreformierten Kirche der Grafschaft Bentheim – eine empirische Untersuchung, in: Niederdeutsches Wort. Beiträge zur niederdeutschen Philologie Bd. 44, Münster 2004, S. 217-233). [2] Dieter Stellmacher, Wer spricht Platt? Zur Lage des Niederdeutschen heute. Eine kurzgefaßte Bestandsaufnahme (Schriften des Instituts für niederdeutsche Sprache, Reihe Dokumentation, Nr. 14), Leer 1987. [3] Die Befragung wurde von Kremer in Zusammenarbeit mit dem Schulamt des Kreises Borken im Jahre 1981 durchgeführt, die Ergebnisse wurden in zusammengefasster Form veröffentlicht in: Ludger Kremer, Mundart im Westmünsterland. Aufbau, Gebrauch, Literatur (Schriftenreihe des Kreises Borken, Bd. 5), Borken 1983 (weiterhin Kremer, Westmünsterland).