Die Untersuchung wurde mit der Unterstützung des Schulaufsichtsamtes des Kreises Emsland durchgeführt’. In zwei Vorläufen in den 5. Klassen der Orientierungsstufen Emsbüren und Spelle wurden die Entwürfe zum Fragebogen getestet und verbessert. Schließlich wurden alle Klassenlehrer der 4. Schuljahre im gesamten Emsland in den sechs einzelnen Dezernaten zur Dienstbesprechung eingeladen und in das genauere Verfahren eingewiesen. Jedem Klassenlehrer wurde eine bespielte Tonkassette und eine Mappe mit zwei Arbeitsbögen für die Schüler nebst einem Elternfragebogen überreicht.
Die Schüler hatten zunächst einen plattdeutschen Text, der auf der Kassette vorgesprochen wurde, ins Hochdeutsche zu übersetzen. Danach mußten die Kinder hochdeutsche Wortgruppen ins Plattdeutsche übertragen. Anschließend wurden diese Tests von den jeweiligen Klassenlehrern ausgewertet und auf dem Dienstwege zurückgeleitet. In den oben genannten Dienstbesprechungen waren alle. für die Lehrpersonen wichtigen und zu berücksichtigenden Probleme angesprochen worden, wie die Beurteilung der Schreibweise der Dialektwörter, regionale Ausspracheunterschiede usw. Bei diesen Besprechungen wurde außerdem deutlich, daß die meisten Lehrer Plattdeutsch verstehen und etwa 40% auch Plattdeutsch sprechen konnten. Das Interesse dieser Lehrpersonen an der Befragung war — nach anfänglicher Zurückhaltung — erfreulich groß. Bei der Durchführung gab es nur sehr wenige Rückfragen; ohne die intensive Einbeziehung der einzelnen Klassenlehrer, die wiederum nur möglich war durch die dienstliche Aufforderung des Schulaufsichtsamtes, wäre die Durchführung jedoch unmöglich gewesen. Die Untersuchung wurde in,allen Grundschulen des Emslandes während der dritten Februarwoche 1990 durchgeführt.
Nach Aussagen etlicher Lehrpersonen wurde diese schulische Besonderheit von den Kindern durchweg als willkommene Abwechselung im Schulalltag angenommen. Anders als in den üblichen Stunden wurde hier der Unterrichtsgegenstand größtenteils auch über das Stundenende hinaus lebhaft diskutiert. Wie vorgesehen haben alle Klassen das Pensum in einer Schulstunde durcharbeiten können. Bei der ersten Auswertung der korrigierten Schülerarbeiten stellte sich heraus, daß nur wenige Lehrerkorrekturen nachgebessert werden mußten (im Bereich der Schülerübersetzungen vom Hochdeutschen ins Plattdeutsche). Hiermit lagen nun die Ergebnisse von 3184 Schüler(inne)n in bezug auf die aktive und passive Sprachkompetenz vor. Erfreulich war auch die hohe Beteiligung der Mütter und Väter an der kombinierten Eltern-Schüler-Befragung: 2985 Elternfragebögen (1 Fragebogen pro Elternpaar) kamen ausgefüllt zurück (93,7%). Die Befragung war zwar vorher in der Presse ausführlich angekündigt worden, dennoch zeigt diese enorm hohe Rücklaufquote bereits ein großes Interesse am Kulturgut Plattdeutsch im Emsland.
Es wurde der Elternbefragungsbogen von der Umfrage im Kreis Borken 1981 übernommen, der um zwei Fragen erweitert wurde, die sich direkt auf den Schülertest beziehen:
- Kann Ihr Kind, das jetzt das 4. Schuljahr besucht, plattdeutsch sprechen? (Frage 4)
- Kann es Platt verstehen? (Frage 5)
Beim ersten Vorlauf des Schülertests in Emsbüren war nur eine Übersetzung vom Plattdeutschen ins Hochdeutsche verlangt worden, bei der die Arbeitsergebnisse relativ gut ausfielen (ca. 60% der Kinder konnten den Text gut übersetzen). Die sechs Deutschlehrer(innen) stellten jedoch übereinstimmend fest, daß höchstens zwei Kinder gut Plattdeutsch sprechen konnten. Daher war klar, daß dieser Teil des Tests lediglich etwas über die passive Dialektkompetenz aussagen konnte. Um auch eine Überprüfung der aktiven Kompetenz zu erreichen, mußten die Kinder von der Hochsprache in den Dialekt übersetzen. Dabei waren jedoch die regionalen Unterschiede zu beachten, schließlich mißt das Emsland in Nord-Süd-Richtung über 80 km.
Die Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Befragung einigte sich darauf, den Lehrern drei verschiedene Tonbandaufzeichnungen für den Schülertest zur Verfügung zu stellen.
Die drei einzelnen Sprachräume entsprechen den ehemaligen Altkreisen Aschendorf-Hümmling, Meppen und Lingen und sind damit der Einteilung von Hermann Schönhoff (1908: 21) und Baader (1954: 239f.) nachempfunden: 1. Nordemsländisches und Hümmlingsches, 2. Südemsländisches und 3. Lingensches Platt (vgl. Taubken 1985: 274f.). Im Bereich der Überprüfung der aktiven Kompetenz boten sich Wortkombinationen aus der dialektgeographischen Arbeit von Taubken (1985) an (Beispiel: „Pferde und Kühe”, „ein weiches Herz”).
Das Beispiel ‘Kirche’ (vgl. Karte 2) zeigt die Verschiedenartigkeit der Aussprache in den einzelnen Gebieten des Landkreises. Wegen der Dreiteilung des Sprechertextes und der Möglichkeiten für die Lehrpersonen, die Schülerübersetzungen anhand der Wortkarten zu überprüfen, waren für die Durchführung keine Schwierigkeiten mehr zu erwarten. Die zweite Versuchsphase in den 5. Klassen der Orientierungsstufe in Spelle zeigte dann auch, daß mit dieser erweiterten Form der Schülerüberprüfung offensichtlich ein Instrument der Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Dialektkompetenz gefunden war.
Die beiden von uns hinzugefügten Fragen stehen in direktem Bezug zu den beiden Teilen des Schülertests, der die aktive und passive Sprachkompetenz der Schüler überprüfen sollte. So konnte der Bereich der „Selbsteinschätzung” durch die befragten Eltern objektiviert werden. Damit wird diese Gegenübetstellung zu einem wichtigen Aspekt unserer Untersuchung. Da die Eltern sowohl aus der Zeitung als auch von ihren Kindern erfahren hatten, dass in der Schule eine Überprüfung der Dialektkompetenz der Kinder stattfinden sollte, werden sie vermutlich ihre Aussagen zu diesem Bereich ganz sorgfältig gemacht und sicherlich nicht zu hoch angesetzt haben. Die Punkteskala für die Beurteilung der ausgefüllten Fragebögen wurde ebenfalls in der Arbeitsgruppe beim Schulaufsichtsamt festgelegt. Sie erwies sich als durchaus praktikabel. Eine gewisse Schwierigkeiten deutete sich an bei der Festlegung der Grenzen zwischen den beiden Bewertungsbereiche
- versteht gut
- weniger gut
- gar nicht.
Nach erneuter Durchsicht etliche Schülertests fiel diese Entscheidung er relativ leicht. Die ausgefüllten Fragebögen wurden mit Hilfe eines Computers ausgewertet.
Wir danken Frerk Möller, Germanistisches Seminar der Universität Jiel, für seine Hilfe bei der datentechnischen Auswertung unserer Befragung.