Plattdeutsch und Ratten?

Ohne Zweifel: Die rein plattdeutsche Welt sah auf dem Lande weithin so aus:

Rattenplage damals

Der nachfolgende Beitrag über “Rattenerlebnisse” des Malers Heinrich Hermanns (1864 – 1942), der auf dem Hümmling in den ersten beiden Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts auch Heuerhäuser sehr eindrucksvoll gemalt hat, stammt aus den Unterlagen von Elly von der Ahe aus Lähden. Leider fehlt dort die genaue Herkunft der Zeitungsmeldung.

Mit den positiven Auswirkungen des Wirtschaftswunders veränderten sich die Lebensbedingungen auch auf dem Lande so, dass der meistens unsichtbare Kontakt zu den Ratten im direkten Umfeld weitgehend aufgelöst wurde.

… und das war genau die Zeitphase, in der die Lehrerschaft ihren offensichtlich erfolgreichen Feldzug gegen die weitere Vermittlung der plattdeutschen Sprache in den Elternhäusern startete…

  • Erst als wir ein Badezimmer – etwa gleichzeitig mit vielen anderen Bauern und den “kleinen” Leuten – bekamen, brauchten wir nicht mehr das  “Plumsklo” am Ende des Schweinestalles zu benutzen, auf dem die Ratten abends und nachts den Gang entlang flitzten…
  • Als dann zunehmend Leichenhallen gebaut wurden, mussten  die Verstorbenen, wenn sie bis zur Beerdigung noch im Trauerhaus aufgebahrt wurden, nicht mehr nachts von zwei Nachbarn bewacht werden, dass die allgegenwärtigen Ratten nicht die Nase oder die Ohren anknabbern konnten…

 

… Ich musterte bei dem Flackern der Kerze den Raum, dessen Lehmboden absonderliche Löcher und Vertiefungen aufwies. Auf meine Frage, ob vielleicht Ratten dort seien, murmelte die Wirtin etwas Unverständliches und verschwand. In der Vorahnung, daß hier meines Bleibens wohl nicht sei, wollte ich meinen Reisekorb nicht öffnen und erbat mir ein Paar Holzschuhe, um etwas zum Anziehen zu handzuhaben. Nach diesen  Vorbereitungen begab ich mich zu Bett. Da kamen auch schon die Ratten. Sie huschten über meinen Kopf, Gesicht, Hände und tobten im Zimmer herum. Schnell ergriff ich die beiden Holzschuhe und schlug nach allen Seiten. Sobald ich Licht anzündete, war alles vorbei. In der Dunkelheit gingen Tumult und Freudensprünge wieder los. Teils bei Licht, teils in der Finsternis die Holzschuhe schwingend, verbrachte ich die Nacht, bis mir gegen Morgen, als der fahle Tagesschein durch das kleine Fenster hereinbrach und die lichtscheuen Gesellen fort blieben, vor Müdigkeit die Augen zufielen. Mit Schmerzen im Kopf und brennenden Augen erhob ich mich und nahm recht verdrießlich das Frühstück ein. Kurzentschlossen gings zum Herrn Lehrer, den ich gerade, des Feiertags wegen das Schabeisen schwingend, vor seinem blinden, über dem Tafelklavier hängenden Spiegel antraf. Ohne in seiner Arbeit innezuhalten hörte er meine Klagen und sagte dann ganz ruhig: „Ich habe mir schon gedacht, daß sie kämen. Sie gehören auch zu jenen nervösen Großstädtern, die sich durch solch kleine Belästigung in der Nachtruhe stören lassen.“ Nach kurzem Kriegsrat wurde ich bei einem Bauern untergebracht….
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Hermanns