Sich erfolgreich einbringen bei älteren und an Demenz erkrankten Mitmenschen in einem Altenheim

 

Interview mit Hermann Möller aus Spelle

Wie sind Sie denn auf diese besondere Idee gestoßen, mit älteren demenzkranken Menschen hier im Altenheim zu arbeiten?

Da ich berufsbedingt viel Auto fahre, höre dabei zumeist den NDR. Da kam ich eines Abends von Bielefeld zurück und hörte einen Bericht über ein Altenheim in Osnabrück. Dort hatte man eine Stube nach alter Art eingerichtet mit einer Kochmaschine und verschiedenen alten Bügeleisen darauf. Diese mussten ja früher auf den Herden heiß gemacht. Und dazu wurde im Radio berichtet, dass eine ältere Frau, die seit Monaten nicht mehr gesprochen hatte, durch diesen vertrauten Anblick aus ihrer Kindheit und Jugendzeit so in ihre Welt zurückgeholt wurde und spontan anfing, wieder zu sprechen.

Seit wie vielen Jahren kümmern Sie sich um die älteren Menschen hier in Spelle:

Das sind nun schon fast 10 Jahre her, als die Idee bei mir entstand. Ich habe dann meinen langjährigen Kegelbruder Paul Fenbers mit dazu geholt, er spielt das Schifferklavier, denn mit Musik geht doch vieles einfacher. Und das klappt recht gut. Anfangs haben wir das jeden Monat gemacht, dann alle 2 Monate und jetzt alle halbe Jahre, denn ich merke auch, dass ich älter werde.

Sind zwischenzeitlich Erkenntnisse gewachsen, wie man diese Veranstaltungen noch optimieren kann?

Zunächst einmal: Man lernt natürlich ständig dazu. Während ich anfangs nur 2-3 Fachbücher hatte, besitze ich mittlerweile eine kleine Bibliothek zu dieser Thematik. Aber selbst an solchen Nachmittagen wie heute verfestigt sich die Erkenntnis, dass man auf die Einzelperson eingehen muss. Dann stellt sich ein gewisser Erfolg schon von selbst ein. Die älteren Menschen bringen sich so automatisch ein.

Sie kennen ja mittlerweile alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer…

Das ist natürlich eine wichtige Voraussetzung: Ich kann sie bei ihren Vorlieben und besonderen Kenntnissen ansprechen und ganz wichtig für sie ist auch, dass ich ihren Heimatort immer wieder mit ihnen in Verbindung bringe, das ist für sie Heimat in besonderer Art.

Nun sprechen ja nicht alle platt in dieser Runde, aber haben Sie den Eindruck, dass Plattdeutsch für viele in der Gruppe besonders wichtig ist:

Ja, das kann ich so bestätigen. Ich habe eine über 90 jährige Frau in dieser Runde kennengelernt, die nicht mehr sprechen konnte. Als ich davon erzählte, wie früher noch auf den Bauernhöfen vor der Zeit der Mähdrescher gedroschen wurde, wusste sie recht genau, was der Dreschmaschinen – Besitzer machte, wenn er die Maschine in Gang gebracht hatte und die Knechte und Mägde jetzt mit dem Bauern eigenständig dreschen konnten. Dann ging er zu der Bäuerin in die Küche und bekam seinen Schnaps. Da zeigte die besagte alte Dame mit ihrer rechten Hand, wie er nun das Schnapsglas ansetzte. Solche Dinge haben die älteren Menschen in ihrer ausschließlich plattdeutschen Lebensgeschichte auf dem Lande erfahren und behalten. Also Plattdeutsch kommt direkt aus der Seele der älteren Menschen und macht die Demenzen frei.

Was können Sie für Tipps an mögliche Nachahmer Ihres Projektes geben?

Ja, ich mag mal so sagen: Ein wenig vorbereiten muss man sich darauf schon – Man muss plattdeutsches Material in Buchform zur Hand haben, um mit kurzweiligen Texten aufwarten zu können, kurz und prickelnd müssen sie sein und die älteren Menschen in ihre Vergangenheit zurückführen. Dann kann das gut klappen.

Hier spielt eine 96 jährige Heimbewohnerin zum Lied auf und (fast) alle singen mit.

Fotos: Archiv Robben