Da werden die Freunde neugierig
Meine Verbindung zur plattdeutschen Sprache habe ich hauptsächlich durch das tägliche Zusammenleben in der Familie, das durch Plattdeutsch geprägt ist, und zusätzlich dadurch, daß ich von frühester Kindheit an durch Diskussionen und Gespräche den „Dialekt” kennen- und schätzengelernt habe. Auch durch andere dörfliche Kontakte bin ich mit „Platt” in Verbindung gekommen. Auf diese Weise ist es mir möglich, täglich mit Verwandten, Nachbarn, Bekannten und Freunden platt zu „proaten”. Im Umgang mit dem Plattdeutschen sammelt man viele Erfahrungen, die zum Teil negativ und zum Teil positiv sind. Im aktiven Umgang mit der Sprache habe ich die Erkenntnis gewonnen, daß andere Leute durch das direkte Ansprechen auf Platt offener und freundlicher reagieren. Manchmal lassen sich sogar Sachverhalte und Probleme einfacher und logischer erklären. Ich habe sogar den Eindruck, daß es alten Leuten auf dem Land oft einfacher fällt, plattdeutsch zu sprechen als hochdeutsch.
Aber ich habe auch negative Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel wenn man mit Personen aus der Stadt platt redet, wird man schon mal belächelt und als primitiv hingestellt; dies aber nur vereinzelt.
Durch die Teilnahme an zwei Lesewettbewerben und einer Diskussionsrunde auf Plattdeutsch habe ich die Vielfältigkeit und die Verbreitung der Sprache kennengelernt. Dabei habe ich entdeckt, wie unterschiedlich Platt in den einzelnen Regionen des Emslandes ausgesprochen wird und daß sogar manche Wörter hier und da verschiedene Bedeutung besitzen.
Im passiven Umgang mit der Ursprache Norddeutschlands habe ich manchmal erfahren, daß einige Vorbehalte haben, sich auf „Platt” auszudrücken. Dennoch habe ich den Eindruck gewonnen, daß vielen Leuten die Erhaltung der Sprache und somit auch ein Stück norddeutscher Kultur am Herzen liegt. Sogar einige Bereiche der Medien haben entdeckt, daß sie zum Beispiel durch Zeitungsartikel oder Veranstaltungen zum Erhalt dieser einzigartigen Sprache beitragen können.
Diese Erfahrungen und Erkenntnisse bedeuten für mich zum einen, daß es mir bewußt ist, wie ich zur plattdeutschen Sprache stehe, und weiß, wie und wo ich sie anwenden kann. So kann ich einschätzen, mit welchen Menschen ich mich auf „Platt” unterhalten kann und welche Menschen dem Plattdeutschen eher distanziert gegenüberstehen. Im Freundeskreis haben meine plattdeutschen Sprüche zu einem verstärkten Interesse geführt. Dies konnte ich dadurch bemerken, daß ich schon manchmal gefragt wurde, welche Bedeutung dieses oder jenes Wort hat.
Im schulischen Bereich haben mir diese Erfahrungen manchmal sogar einige Vorteile verschafft, zum Beispiel im Sprachunterricht, oder um im alltäglichen Unterrichtsgespräch etwas zum Unterrichtsthema beizutragen. Ich bin der Meinung, daß der Erhalt unserer gemeinsamen Kultur eine der wichtigsten Aufgaben ist, die wir Emsländer haben, und zu diesen Aufgaben gehören insbesondere die plattdeutsche Sprache und der Umgang mit ihr. Ich glaube, daß die Bedeutung dieser Sprache heute so wichtig ist wie nie zuvor, da in unserer Konsumgesellschaft nur noch Schlagworte wie „Globalisierung” oder „Multimedia” gelten und somit die kulturellen Wurzeln eines jeden in Vergessenheit geraten.
Vielleicht kann die Kultur einer Region besser dabei helfen, soziale Konflikte und Mißstände zu beheben als zum Beispiel staatliche Programme. Deshalb ist es wichtig, daß besonders Kinder und Jugendliche diese Sprache lernen, damit unsere Ursprache auch in den nächsten Generationen noch vielen geläufig ist und sie somit auch noch zukünftig Spaß am „Platt proaten” haben. Deshalb richte ich an jeden den Ratschlag: „Snack mol wedder Platt!”