Der Hochtiedsnöger

 

Eine Bauernhochzeit war bis Mitte der 60er Jahre in den Bauernschaften das größte festliche Ereignis.

Mehrere Wochen vorher kündigte ein sog. Hochtiedsnöger bei den Verwandten und Nachbarn dieses besondere Ereignisan.

Dabei war er mit einem bunt geschmückten Fahrrad unterwegs. Auch durch seine Kleidung fiel er sofort auf. Sein Hut war mit bunten Bändern verziert. In der linken Hand hielt er einen Spazierstock mit vielen bunten Tüchern. Auf dem Gepäckträger hatte er eine Ledertasche, in der zwei Kornflaschen reichlich eingewickelt untergebracht waren. Nun versammelten sich alle Hofbewohner in der großen Küche. Sie hatten ein lustiges Einladungsgedicht des Hochtiednögers zu erwarten. Vorher gab sie noch für jeden mehrere Schnaps aus der Ledertasche des Gastes. Beim Gedichtsvortrag wanderte der Vortragsgast in der Küche auf und ab. Es gab reichlich Anlass zum Lachen. Immer wieder kreiste der Schnapsbuddel, der vor der Weiterfahrt wieder aufgefüllt werden musste.

So beschreibt Hubert Hölscher aus Emsbüren das Spektakel:

De Hochtiedsnöger

 

Dat Rad moi schmück’t met bunt Papier

Denn Fusel in de Fläschke,

denn Zeddel met de Namens drup

in seine Binnentäschke.

Dat Riemken för de Nögeräi

Heff he in’n Kopp.

Van’n Brüdigam un seine Brut

Harr he den Updrag krägen,

to nögen Unkels un de Tanten,

de Frönde un de Anverwandten.

So förd he over Stock

un Steen, de bunden Bänder waiht

an sienen Hot un Stock

jüst as de Wind sick draiht.

In jedet Hus no sienen Riem

Gifft enen för den Magen.

As Dank makt man de Pull weer vull

Näischierig kiekt de Blagen.

Ne heele Wecke durt dat mangs

Un nich blos sonn paar Dage.

De Hochtiednöger wird nu minner

Die Inladung kummp met de Post.

Ick finn, dat is vull schlimmer.

Der Hochtiedsnöger in Wippingen

Gauden Dag, Ih leiwen Lü in’t Hus,
ik kaom de her mit vääl Gebruss.

Bün ik hier racht, dann segg ik luut,
mi schickt Schmunkamps Wilfried, un seine Brut.
Nu will wi ers maol einen drinken,
dann vertell ik wieder van den Schinken,
Kauken, Schluck un Beier noch väll mehr,
ach nu verdau ik mi al weer.
Ik wull jau doch vertellen von Schmunkamps Wilfried u seine Brut,
man nu schenk ik ers maol einen ut.

Alois Nehe als Hochtiedsnöger (Ausschenken aus der Nögerflasche)

Brut un Brütigam de schickt mi hier,
ik schöll jau nögen tau de Fier.

So as de beiden tau mi sähn ,
in sess Wäke schöll de Hochtied wään.

So ‘ne Hochtied stellt wat vör
ik glööf, wi krieget väll Pleseier,
Ih häbt ja hört van dat Äten un Drinken,
van twintig Schwiene Kotelett un Schinken.
Van dartig Höiner, de dor schlachtet weert,
un wat dor anners noch gebört.
‘n Wagen vull Beier, n’ Wagen vull Wien,
kumm her, ik schenk noch einen in.

(Ausschenken aus der Nögerflache)

In’n Keller ligg et Fatt an Fatt,
oh Lü, wat krieg wi vull dat Gatt!
Häb ih mi ook wall racht verstaohn,
in sess Wäke mööt ih nao de Karke gaohn.

Un dann giff use Herrgott sienen Sägen,
doran is ook nu noch alles gelägen.
Un däi Musikkapelle, mit fiefuntwintig Hörn,
däi blaost van achtern noch bäter as van förn.
Dann geiht de Hochtied richtig loss, 
oh Kinners, wat krieg wi ‘n Spaß.

Ik nöge hier nich Katt un Mus,
ik nöge jau mit (Anzahl) Personen ut Hus
Ih leiwen Lü, denkt nich an den Morgen,
mälken un fauern mööt de Naobers för sorgen.
Blieft nu munter un gesund,
ick mutt noch rein watt Hüse rund
Linnt an’n Stock off Hus up’n Kopp.

aus:http://www.hallo-wippingen.de/_news/2003/06/hochtiedsnoeger/index.html

Fotos 1 und 2: Archiv Hubert Hölscher