Gerhard Kethorn

… sprech ich wie der Mutter Mund

Heimat, Frieden, Liebe sind Wörter in unserer deut­schen Sprache, die einen besonderen Klang haben. Hei­mat ist ein Stück Geborgenheit; und daran hat die Mut­tersprache einen wesentlichen Anteil.

Für mich war von Kindesbeinen an die plattdeutsche Sprache eben die Muttersprache. Wo diese Sprache ge­sprochen wird, da ist man zu Hause – auch dann, wenn man in der Fremde ist. Hört man dort einige Laute die­ser heimischen Mundart, werden die Ohren gespitzt, die Menschen werden angesprochen, und mit strahlenden Augen werden Verbindungen geknüpft. Manche Bekanntschaft, manche Freundschaft ist dadurch entstanden. Es ist gleichsam so, als hätte man ein Stück Heimat in der unbekannten Umgebung getroffen.

Haben wir schon einmal darüber nachgedacht, warum man von einer Mutter­sprache spricht? Ich denke, daß besonders in der Vergangenheit der junge Mensch die ersten Wörter und Sätze von der Mutter erhalten hat. Diese Wörter und Sätze bleiben oft im Leben des Menschen haften, bestimmen oft manche Entscheidung.

Ich stimme dem Dichter Max Schenkendorf zu, wenn er folgendermaßen formu­liert:

Muttersprache, Mutterlaut
wie so wonnesam, so traut!
Erstes Wort, das mir erschallet,

süßes erstes Liebeswort,
erster Ton, den ich gelallet,
klingest ewig in mir fort!

Der Schluß des Gedichtes kommt zu der Feststellung:

Überall weht Gottes Hauch,
heilig ist wohl mancher Brauch,
aber soll ich beten, danken,
geb‘ ich meiner Liebe kund,
meine seligsten Gedanken,
sprech‘ ich wie der Mutter Mund.

In der Grafschaft Bentheim war in der Vergangenheit die plattdeutsche Sprache eben die Umgangssprache – in den Familien, in der Verwandtschaft, in Freundes­kreisen, am Stammtisch, auf dem Markt oder wo auch immer. Dieses hat sich lan­ge Zeit auf dem Lande und in der hiesigen Bevölkerung in den Städten weithin ge­halten.

Es ist schade, sehr schade, daß die plattdeutsche Sprache langsam in den Hinter­grund gedrängt wird. Berechtigte Hoffnung, daß das „Platte“ nicht ausstirbt, weckt die Tatsache, daß die Landjugend in ihren Theateraufführungen wieder auf die al­te Mundart zurückkommt. Mir fällt dabei auf, daß schon fast vergessene Aus­drücke und Bezeichnungen von Gegenständen wieder in Erinnerung gebracht werden. Gerade in humorvollen Passagen kommt dieses zum Ausdruck. Ich stelle fest: Die plattdeutsche Sprache ist gut einprägsam und ausdruckskräftig.

Nach meiner Meinung nimmt das „Plattdeutsche“ in den kulturellen und sozialen Bereichen einen unverzichtbaren Platz ein, ja es ist selbst ein Kulturgut, welches wir nicht aufgeben dürfen. Ich lobe mir die schriftstellerischen Kreise, die sich die Erhaltung dieses Kulturgutes zur Aufgabe gemacht haben!