Hermann Josef Leigers

De Mensk in Gottes Ogen

Auf ungewöhnliche und zugleich äußerst eindrucksvol­le Weise hat Pfarrer Hermann Josef Leigers unsere Fra­ge beantwortet, welche Erfahrungen er als Seelsorger im Umgang mit der plattdeutschen Sprache gewonnen hat und was ihm die emsländische Mundart bedeutet. Er sandte uns die von ihm verfaßte Übersetzung des Psalm 139 – „mein Lieblingspsalm”, wie er im An­schreiben hinzufügt – und als „kleine Beigabe” ein „Va­ter unser” in Plattdeutsch. Das sagt mehr als lange Er­läuterungen.

(Die Herausgeber)

De Mensk in Gottes Ogen

Heer, du kenns mien Hätte
bie di föhl ick mi sicher.

Du has mi häil dörschaut un du kenns mi.

Off ick sitte un off ick staoh,

du wäis van mi.

Wiet vörut kenns du miene Gedanken.

Off ick goah un off ick staoh,

du wäis et;

all miene Wegge bünt di bekannt.

Eher äs ick äin Wort utprote ‑

wäis du, Heer, wat ick seggen will.

Du büss rund ümme mi tau

un leggs diene Hand up miene Schuller.

Herrlick is et, dät ick dät wäit,

aber et is so wunnerbor,

dät ick et nich begriepen kann.

Ick kann mi vör di nörgens verstoppen.

Stiege ick bis hoch in de Wolken,

so büss du dor,

un kruop ick noch so däip in de Grund,

uk dar büss du bie mi.

Un här ick de Fläögel vant Morgenrot, un lööt mi dale an’t achterste Meer, uk dor wörde diene Hand mi fastehollen un diene Rechte mi griepen.

Wörde ick seggen: „Düstercheit schöll mi taudecken,

un statt Lecht schöll et därpe Nacht weern”,

uk de Nacht löchtet di jüst äs de Dag,

un alle Düstercheit wör äs äin grellet Lecht.

Joa, du häß maaket min Inneres,
mi formt in Mouders Schoot.

Ick danke di, dat du mi so wunnerbor maket has. Ick wäit, to’t bewunnern is all dien Wärk.

As ick heimlich maket wörd,

gestaltet däip unner de Eerde,

wassen miene Glieder för di nich verstoppt.

Diene Ogen sögen miene Dage,

as noch nich eene dor wör.

In dien Bauk wassen se alle upschräwen;

Wo schwor bünnt för mi, oh Gott,

diene Gedanken,

un wo gewaltig is eehre Toahl.

Wol`de ick se teilen,
et is mehr äs de Sand.
Köme ick uk an’t Ende,
ick wör immer noch bi di.

Dörlöchte mi, Heer,

un wär gewohr,

wat in mien Hätte is,

prüfe mi un erkenne mien Denken.

Kiek tau, off ick up den richtigen Wegg bün, un lenke mi up den ewigen Wegg.

De Ehre sei den Vader un den
Säöhn un den Heiligen Geist,
wie et was in’r’ Anfang so uk nu
un alltied un in Ewigkeit.

Amen.