- In Focus vom Dienstag, 07.06.2016
Niederdeutsch-Institut wehrt sich gegen Finanzkürzung
Die vier Bundesländer wollen die Förderung Ende 2017 einstellen. Als Hintergrund ihrer Entscheidung verwiesen sie auf einen rasanten demografischer Wandel, eine sich immer schneller verändernde Mediengesellschaft und unterschiedliche regionale Besonderheiten.
- in der taz vom 01.01. 2018
Wenn man bei den Behörden in Hamburg, Kiel oder Hannover nachfragt, was denn da schiefgegangen ist, so stößt man auf Umschreibungen der Auskunft, man solle in Bremen nachfragen. Die „Koordination“ der vier Länder sei eben schwierig, heißt es in Bremen. Was da so schwierig sein soll, wird nicht erklärt. Und wieso die Förderung der Niederdeutschen Sprache bisher „instabil“ war und mit einem norddeutschen Landesinstitut auf „stabile Füße“ gestellt werden könnte – auch dafür keine Erläuterung. (…)
Die Politik deckt den Konflikt mit einem Schwall leerer Worte zu. Die Abteilungsleiterin im niedersächsischen Kulturministerium, Annette Schwandner, sagte am 27. Dezember in einer Radiodiskussion, sie wünsche eine „gute Kooperation nebeneinander“. Ziel sei es, „Mehrwert zu schaffen“ – offenbar durch das Streichen der Förderung.
- in der taz vom 29. 08. 2018
Als im Mai 2016 der Bremer Senat dem Institut die Förderung gekündigt hat, gab er die Begründung schriftlich: „Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, einer sich immer schneller verändernden Medienlandschaft und der unterschiedlichen regionalen Besonderheiten“ hätten die vier Bundesländer beschlossen, die Förderung der niederdeutschen Sprache „auf eine neue Grundlage zu stellen“. Bis heute rätseln die Mitarbeiter des Instituts, was damit gemeint sein könnte. Weitere Auskünfte gibt es nicht, auch für die Presse gab es auf Nachfrage vom Bremer Kulturressort keine weitergehende Erläuterung.
Hat der Direktor die Lobbyarbeit zu weit getrieben?
Alle Mitarbeiter könnten sich bewerben, wurde einmal in einem internen Gespräch kommuniziert – nur der Direktor, Reinhard Goltz, nicht. Der kantige Mann ist bei den Behörden offenkundig in Ungnade gefallen, weil er gegenüber der Obrigkeit nicht immer den richtigen Ton getroffen hat.
Und dann hat er sein fachliches Engagement für das Niederdeutsche mit Lobby-Arbeit vermischt: Er war Sprecher des Bundesrates für Niederdeutsch. In dessen Bericht an die EU zu der Frage, wie die Bundesländer ihre Verpflichtungen aus der von ihnen unterzeichneten „Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“ erfüllen, werden Bremen 2014 unzureichende Anstrengungen vorgehalten.
Das wird Goltz angekreidet.
Das ist auch der Zeitraum, in dem das bis dahin von der Kulturbehörde gehätschelte Institut offenbar in Ungnade fiel. Goltz hat seine Sprecherrollen beim Bundesrat für Niederdeutsch im Februar 2017 vorsichtshalber niedergelegt – aber da war es schon zu spät.
Die damalige Kieler Kulturministerin Anke Spoorendonk vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) hat in einem Brief einmal ihrem Ärger über Goltz Luft gemacht: Der habe „in mehreren Fällen eigenmächtig agiert und die Geberländer nicht über gravierende Entscheidungen insbesondere finanzieller und personeller Art informiert“, schrieb sie.
Darauf warten, dass er im kommenden Jahr 65 wird, wollten die Kulturbehörden offenbar nicht.
- In SHZ vom Dezember 2017
Länder kritisierten mangelnde Einflussmöglichkeiten
Bislang förderten die vier Bundesländer die Einrichtung pro Jahr mit 271.000 Euro. Bremen gab 80.000, Hamburg 32.000, Niedersachsen 117.000 und Schleswig-Holstein 42.000 Euro. Die Geldgeber begründen ihren Rückzug unter anderem mit mangelnden Einflussmöglichkeiten. „Eine gleichberechtigte Steuerungsmöglichkeit aller beteiligten Länder auf die wesentlichen Schwerpunkte des INS war nicht möglich“, sagt Alexandra Albrecht von der Bremer Kulturbehörde. „Ziel der Länder ist es, mit dem neuen Länderzentrum gemeinsam eine leistungsstarke und länderübergreifende Koordinierungs- und Netzwerkstelle einzurichten.“
(…)
Heiko Block selbstkritisch:
Er räumt ein, dass es im Institut vor 2015 Unregelmäßigkeiten bei den Finanzen gab. Block findet, das hätte der Kulturbehörde auffallen müssen, dann hätte man das schneller aus der Welt räumen können.
Walter Henschen, Vertreter des Bundesrates für Plattdeutsch und Mitglied im Rundfunkrat bei Radio Bremen, wirft der Kulturbehörde vor, vom eigenen Versagen ablenken zu wollen.
- in taz vom 01. 2018
Das INS ist ein Verein und pocht auf seine Selbstständigkeit, das passt den Behördenvertretern nicht. Als vor einigen Jahren die Stadt Bremen von dem Institut 70.000 Euro zurückforderte, weil – seit 2008 – überhöhte Personalkosten ausgezahlt worden sind, da ging das Institut vor Gericht – das Verfahren schwebt heute noch. Die Stadt lehnt eine vom Gericht vorgeschlagene Moderation ab. Das Problem: Die Finanzkontrolle der Stadt moniert im Nachhinein Zahlungen, die sie über Jahre bei der Genehmigung des Haushaltsabschlusses gebilligt hatte.