Matthias Möring

„Ein großes Hemmnis jeder Bildung”

Mein Geburtsort ist Lorup auf dem Hümmling. Die Um­gangssprache aller Dorfbewohner war in meiner Kind­heit das Niederdeutsche, hier „daet Loorper Taal”. Nur wenige vermochten fließend hochdeutsch zu sprechen. Das änderte sich, als Flüchtlinge und Vertriebene in die Dörfer kamen. So kam ich relativ früh mit dem Hoch­deutschen in Berührung, jedoch war das Plattdeutsche dominantIn der Schule blieben Konflikte nicht aus, zumal einige Lehrkräfte das Plattdeut­sche ganz im Sinne von Jonas Goldschmidt (1846) „als ein großes Hemmnis jeder Bildung” sahen. Sie förderten nicht – wie heute – diese alte, urwüchsige Sprache, sondern drängten sie eher zurück.

Allgemein hatte das Plattdeutsche keinen guten Ruf. In den 60er Jahren sahen weitsichtige Politiker und Pädagogen, welch altes Kulturgut da unterzugehen sich anschickte. Sie legten praktisch die Initialzündung für eine Renaissance der platt­deutschen Sprache in einer veränderten Welt. Heimatarbeit, Vorträge und Beiträge der Medien rückten diese alte Sprache stärker in den Vordergrund. Heute ist sie nicht mehr „Chätel di quaett, watt schöll daett Plaett, haeff Luut nich off Besluut!” (alter Spottvers), sondern es gilt als „schick”, wenn jemand sie beherrscht.

Während meiner gesamten Schulzeit und auch im Studium konnte ich aus dieser Zweisprachigkeit eigentlich nur Vorteile ziehen. In der einklassigen Schule von Ahmsen und später in der Mittelpunktschule in Holte erleichterte diese mir den Zugang zu den Menschen erheblich. Schon seit frühester Jugend arbeite ich aktiv im Loruper Heimatring und an den „Loorper Beldertuunscheren” mit. 1979 grün­dete ich im Kirchspiel Holte den Heimatverein „Südhümmling” und gab jährlich ei­nen plattdeutschen Kalender heraus. Anfang der 90er Jahre durfte ich an der Her­ausgabe des emsländischen Lesebuchs „Platt lutt moj” mitwirken.

Dr. Heinrich Book und ich stellten in dem 1996 erschienenen Buch „Hümmlinger Volksmund” alte Redewendungen, Sprich-, Sag-, Schimpf- und Scheltwörter zu­sammen, die in Vergessenheit zu geraten drohen.

Es ist offensichtlich, daß unsere Sprache ausblutet, verarmt und verflacht, seit sie nicht mehr alleinige Umgangssprache der Bevölkerung ist. Sie zu retten und zu er­halten ist nach meiner Meinung nur möglich, wenn es gelingt, Eltern dazu zu be­wegen, von Anfang an mit den Kindern wieder plattdeutsch zu sprechen. Eltern,