Dr. Werner Remmers

Helmut Kohl hat’s gemerkt

Mit dem Plattdeutschen war das bei uns zuhause in Pa­genburg so eine Sache. Als Kind wußte ich bald, daß meine Eltern dann und wann untereinander, aber mehr noch mit der bei uns auch in der Familie lebenden Oma platt sprachen. Auch mit manchen Nachbarn wurde über die Hecke hinweg plattdeutsch gesprochen.

EPSON MFP image

Münster lernte ich die Abweichungen kennen, die mir natürlich auch schon im Emsland von Dorf zu Dorf aufgefallen waren: „Karke, Kärke, Kirke usw.” Ich kam auch immer wieder mit Menschen zusammen, die die plattdeutsche Sprache lieb­ten, und mit denen ich mich über das Plattdeutsche austauschen und unterhalten konnte.

Am 1. April 1962 kam ich dann wieder ins Emsland und übernahm die Aufgabe, in Holthausen bei Lingen das Ludwig-Windthorst-Haus aufzubauen. Nun lebte die plattdeutsche Sprache bei mir geradezu auf. Da ich auch Bauleiter spielen mußte, kam mir das Plattdeutsch sehr zu Hilfe, denn auf der Baustelle wäre ich sehr viel schlechter zurechtgekommen als mit Plattdeutsch. Von allen Seiten war ich sehr viel schneller akzeptiert. Ich war immer dazwischen, ich konnte mich verständlich machen und verstand auch alles sehr viel besser.

Als ich dann wieder einige Jahre später in den Niedersächsischen Landtag gewählt wurde und zunächst einen nebenamtlichen und dann einen hauptamtlichen Chauffeur hatte, war ich glücklich darüber, daß ich immer einen Chauffeur hatte, der vorzüglich platt sprach. Auf unseren langen Fahrten sprachen wir vorherr­schend plattdeutsch miteinaLider. Auf diese Weise blieb mein Plattdeutsch-Spre­chen lebendig und konnte immer wieder verbessert und ergänzt werden.

Mir hat das Plattdeutsch-Sprechen sehr geholfen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, und es hat mir geholfen, in meinem Sprechen und bei meinen Reden nicht zu kompliziert zu formulieren. Wer plattdeutsch spricht, formuliert anders, verständlicher, kürzer, prägnanter. Als mich einmal jemand fragte: „Wie machst du das eigentlich in deinen Reden, daß du immer mit konkreten Beispielen auch schwierige Zusammenhänge verständlich darlegen kannst?”, habe ich darauf ge­antwortet: „Das habe ich vom Plattdeutsch-Sprechen. Ich spreche nicht nur platt, ich denke auch platt.”

Außerdem gibt die plattdeutsche Sprache uns die Möglichkeit, manches zu sagen, was man auf Hochdeutsch nicht sagen könnte oder was im Hochdeutschen or­dinär klingen oder schnell verletzen würde. Als ich sieben Jahre hintereinander beim großen Oldenburger Grünkohlessen, das in Bonn veranstaltet wurde, die Re­de zur Inthronisation des jeweils neuen Grünkohlkönigs halten mußte, war eines Tages auch Helmut Kohl als neuer Grünkohlkönig dran. Bei diesen Reden mischte ich locker hochdeutsche und plattdeutsche Sätze. Da die Zuhörer längst nicht alle plattdeutsch verstanden, mußte ich zwischendurch auch als Dolmetscher fungie­ren und meine eigenen plattdeutschen Sätze übersetzen. Diese Überse:zertätigkeit leitete ich immer mit der Bemerkung ein: „Für die weniger Sprachbegabten sage ich es gleich auch noch einmal auf Hochdeutsch.” Helmut Kohl sagte nach einer solchen Rede zu Ernst Albrecht: „Wenn Remmers einem was unterjubeln will, spricht er immer plattdeutsch.” Da war was dran.

Meine plattdeutsche Sprache hat mir in vielen Lebenslagen geholfen und nicht zu­letzt Freude gemacht

Sonntags stand in aller Regel der Besuch bei „Oma Moor” an. Auch dort hörten wir die plattdeutsche Spra­che. Mit uns Kindern wurde aber ganz bewußt nicht plattdeutsch gesprochen. Dennoch lernte ich nach und nach die plattdeutsche Sprache durch Gespräche mit den Kindern auf der Straße, beim Spielen, auch in der Schule oder bei Mauers in der Nachbarschaft. Familie Mauer betrieb die Mühle in der Wiek. Der Mühlenberg, die Mühle, der Wagen­schuppen, das alles war für uns wie ein Abenteuerspielplatz, und dadurch kamen wir in Kontakt mit dem Mühlenknecht und der Familie Mauer, und dort wurde viel platt gesprochen.

Wenn ich dann zuhause meine nach und nach erlernten Plattdeutschkenntnisse anzuwenden versuchte, sagte meine Mutter: „Werner, sprich hochdeutsch.” Sie hatte Angst vor Nachteilen, die wir in der Schule haben könnten, wenn wir uns zu sehr an das Plattdeutsche gewöhnten. Später hörte ich auch von dem Gerücht, daß ein Schüler nach dem ersten Jahr auf dem Gymnasiums die Bemerkung unter dem Zeugnis gehabt haben soll: „Wegen des Plattdeutschen vorerst behindert.”

Aber ich lernte die plattdeutsche Sprache und ließ mich auch nicht davon abhal­ten.

Weil ich Hochdeutsch und Plattdeutsch nebeneinander lernte, gab es auch in der Schule keinerlei Schwierigkeiten. Im Deutschunterricht mußte ich sogar manch­mal unserer Deutschlehrerin erklären, was ein Mitschüler meinte, wenn er un­mittelbar vom Plattdeutschen ins Hochdeutsche übersetzte. Ich weiß noch, wie sie fragte: „Wie kommt ein Mitschüler darauf, zu schreiben: Sand läst weiß?” Ich konnte ihr dann erklären, daß es im Plattdeutschen heiße: „Sand let wit.” Oder sie wollte wissen, was ein „Dieselbaum” sei, und ich mußte ihr erläutern, daß es um die Deichsel ging.

Während meiner Studienzeit in Bonn und Münster hatte ich zwar wenig Gele­genheit, die plattdeutsche Sprache zu pflegen, aber ich verlernte sie auch nicht. In Münster lernte ich die Abweichungen kennen, die mir natürlich auch schon im Emsland von Dorf zu Dorf aufgefallen waren: „Karke, Kärke, Kirke usw.” Ich kam auch immer wieder mit Menschen zusammen, die die plattdeutsche Sprache lieb­ten, und mit denen ich mich über das Plattdeutsche austauschen und unterhalten konnte.

Am 1. April 1962 kam ich dann wieder ins Emsland und übernahm die Aufgabe, in Holthausen bei Lingen das Ludwig-Windthorst-Haus aufzubauen. Nun lebte die plattdeutsche Sprache bei mir geradezu auf. Da ich auch Bauleiter spielen mußte, kam mir das Plattdeutsch sehr zu Hilfe, denn auf der Baustelle wäre ich sehr viel schlechter zurechtgekommen als mit Plattdeutsch. Von allen Seiten war ich sehr viel schneller akzeptiert. Ich war immer dazwischen, ich konnte mich verständlich machen und verstand auch alles sehr viel besser.

Als ich dann wieder einige Jahre später in den Niedersächsischen Landtag gewählt wurde und zunächst einen nebenamtlichen und dann einen hauptamtlichen Chauffeur hatte, war ich glücklich darüber, daß ich immer einen Chauffeur hatte, der vorzüglich platt sprach. Auf unseren langen Fahrten sprachen wir vorherr­schend plattdeutsch miteinander. Auf diese Weise blieb mein Plattdeutsch-Spre­chen lebendig und konnte immer wieder verbessert und ergänzt werden.

Mir hat das Plattdeutsch-Sprechen sehr geholfen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, und es hat mir geholfen, in meinem Sprechen und bei meinen Reden nicht zu kompliziert zu formulieren. Wer plattdeutsch spricht, formuliert anders, verständlicher, kürzer, prägnanter. Als mich einmal jemand fragte: „Wie machst du das eigentlich in deinen Reden, daß du immer mit konkreten Beispielen auch schwierige Zusammenhänge verständlich darlegen kannst?”, habe ich darauf ge­antwortet: „Das habe ich vom Plattdeutsch-Sprechen. Ich spreche nicht nur platt, ich denke auch platt.”

Außerdem gibt die plattdeutsche Sprache uns die Möglichkeit, manches zu sagen, was man auf Hochdeutsch nicht sagen könnte oder was im Hochdeutschen or­dinär klingen oder schnell verletzen würde. Als ich sieben Jahre hintereinander beim großen Oldenburger Grünkohlessen, das in Bonn veranstaltet wurde, die Re­de zur Inthronisation des jeweils neuen Grünkohlkönigs halten mußte, war eines Tages auch Helmut Kohl als neuer Grünkohlkönig dran. Bei diesen Reden mischte ich locker hochdeutsche und plattdeutsche Sätze. Da die Zuhörer längst nicht alle plattdeutsch verstanden, mußte ich zwischendurch auch als Dolmetscher fungie­ren und meine eigenen plattdeutschen Sätze übersetzen. Diese Überse:zertätigkeit leitete ich immer mit der Bemerkung ein: „Für die weniger Sprachbegabten sage ich es gleich auch noch einmal auf Hochdeutsch.” Helmut Kohl sagte nach einer solchen Rede zu Ernst Albrecht: „Wenn Remmers einem was unterjubeln will, spricht er immer plattdeutsch.” Da war was dran.

Meine plattdeutsche Sprache hat mir in vielen Lebenslagen geholfen und nicht zu­letzt Freude gemacht