Anstoss
Bei einem regionalen Buchprojekt (Die letzten 8o Jahre im Emsland,Emsbüren 2011) bin ich im Zusammenhang mit Urheberrechten von Fotos auf interessante Erfahrungen des Rendsburger Verlegers Hans Hermann Storm mit Erinnerungsarbeit über Bilder bei Demenzkranken gestoßen.
Storm ist vor mehr als drei Jahrzehnten auf einen Fundus alter Fotos seines Onkels gestoßen, die er mit passenden Texten kombiniert veröffentlicht hat. Da er wiederholt Rückmeldungen von Angehörigen demenzkranker Menschen bekam, dass insbesondere die Fotos aus dem früheren Erfahrungsbereich der Kranken offensichtlich immer wieder positive Effekte bei diesen erzielen konnten, hat er mit Hilfe von Fachleuten Bücher mit „Fotosprache” für Alteneinrichtungen, die mittlerweile sehr erfolgreich sind, herausgebracht.
In einem längeren Telefonat berichtete Hans Hermann Storm mir, dass er bei der Therapiearbeit mit Demenzkranken unter
Auch ich erhielt nach Veröffentlichung meines Bildbandes ähnliche Rückmeldungen wie Hans Her-mann Storm. Ältere Menschen (insbesondere an Demenz erkrankte Emsländer) nahmen das Buch nach Auskunft von Angehörigen nicht selten sogar täglich in die Hand und sind darin vertieft und äu-ßern sich auch dazu. Diese Reaktion hat mich ermutigt, zunächst eine Sammlung von Erinnerungsfotos zu dem Themen Ernten früher und Leben und Wohnen damals ähnlich wie Storm in jeweils einem Erinnerungsbuch zusammenzustellen.
Anders als Hans Hermann Storm habe ich nicht nur einzelne Fotos hintereinander gestellt, sondern zu den beiden Themen jeweils 25 Fotos in einer logischen Folge so in ein Ringbuch gebracht, dass links in DIN-A-4-Querformat das jeweilige Foto (schwarz-weiß) erscheint, rechts wird das Bild kurz kommentiert. Dazu habe ich eine entsprechende Power-Point-Präsentation entwickelt.
Als dritte Ebene kommt das Plattdeutsche ins Spiel: Das ist eine Kombination aus den Fotos der beiden oben genannten Themen und den beigegebenen Kommentaren, die nun auf einer DVD folgender-maßen abläuft: Zunächst erscheint dem Betrachterüber den Fernseher oder einen Beamer ein Foto, das nach einer festgelegten Beobachtungszeit auf Platt kurz kommentiert wird. Danach bleibt das Bild noch für eine weitere Zeitspanne stehen, verschwindet dann langsam, und das nächste Foto taucht in der gleichen Weise auf.
Allerdings wurde in allen Demenzeinrichtungen übereinstimmend festgestellt, dass diese dritte Form einer möglichen Demenzbegleitung den beiden anderen Versionen unterlegen ist.
Während sowohl beim Buch als auch bei der Power-Point-Präsentation der Therapeut bzw. die Betreu-ungskraft auf die zum Teil zahlreichen Hinweise und Anmerkungen der Demenzkranken eingehen kann, läuft die bisherige Version der DVD kontinuierlich ab (ich nenne sie „FotoSprache”), bisher kann sie nicht angehalten werden. Diese Art der Präsentation ist einfach noch zu schnell für die Adressatengruppe. Aber auch hierfür wird es Lösungen geben.
Erfahrungen mit einzelnen Demenzkranken zeigen allerdings ein differenzierteres Bild. Bei der Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe von Angehörigen von Demenzkranken (Haselünne), die im familiären Umfeld betreut werden, erwies sich dieses Medium für Einzelpersonen als durchweg praktikabel. Mehrfach wurde berichtet, dass die Angehörigen bei der Vorführung der DVD eine echte Entlastung erfahren: Die Erkrankten sind dabei durchweg so sehr angesprochen, dass sie während dieser Zeit unbeobachtet bleiben können. Diese Einzelbefunde können allerdings nicht verallgemeinert werden, die Messgrundlage ist einfach zu schmal. Diese ersten Erprobungen ermutigen aber dazu.
Ebenfalls sehr erfreulich waren die übereinstimmenden Erkenntnisse aus den Alteneinrichtungen, in denen nicht nur Demenzkranke betreut werden: Gerade die Gesunden fühlten sich von diesen DVDs in der Kombination von Erinnerungsfotos und ihrem Platt ganz besonders angesprochen. Die Nahsprache Platt kann sich über den Wohlfühlfaktor zweifellos positiv auf das gesundheitliche Empfinden und auf den Heilungsprozess auswirken.